Endlich
Was reißt die Schluchten
Zwischen mich und euch
Aus tiefem kalten Grauen
Das keiner sieht
Nur ich
Unendlich
Was spült die Fluten
Zwischen mich und euch
Aus tosend nackter Angst
Die keinen packt
Nur mich
Unendlich
Was wirft die Flammen
Zwischen mich und euch
Aus urgewaltigem Schmerz
Den keiner fühlt
Nur ich
Unendlich
Was treibt die Wolken
Zwischen mich und euch
Aus schwarzer Schuld und Scham
Die keinen trifft
Nur mich
Unendlich
Wo ist der Weg
Von mir zu euch
Durch Undurchdringlichkeit
Die keiner kennt
Nur ich
Unendlich
Unendlich klein
Und ganz von fern erkenne ich
Die Hand in meine Richtung tastend
Die jemand hält
Für mich
Unfassbar
Endlich
Mrs. Liberty
Die Hände vorm Gesicht
Die Hände vorm Gesicht
Wie sonst
Soll Schauen gehn
Wenn nicht
Durch Spalte
Zwischen klammen Fingern
Du kennst von mir nur nichts
Nicht das
Was mich begräbt
Im Licht
Erstarren
Unter tausend Blicken
Und tonnenschwerer Schuld
Die nie
Dem Alltag weicht
Den Kopf
Zerhämmert
Und das Herz zersplittert
Nicht etwas in dir ahnt
Was mich
Nicht atmen lässt
Nur Tod
Nur Sterben
Scheint die Last zu tragen
Und so verschwinde ich
Fast ganz
In tiefer Scham
In ihr
Ersticken
Alle meine Worte
Die Hände vorm Gesicht
Bis du
Von ferne kommst
Und sie
Behutsam
Zwischen deinen lagerst
Sie ruhen aus bei dir
Vielleicht
In mein Gesicht
Bläst Wind
Ganz offen
Und ich kann ihn atmen
Mrs. Liberty
Was uns hilft...
Das Licht in der Seele der Freundinnen, das nie zu glimmen und zu wärmen aufhört. Egal in wieviel winzige Glutstücke es auch zerschlagen wurde.
Dass sie uns sagen, es sei umgekehrt genauso.
Die Sehnsucht, mit allem, was uns bleibt, für ihr Recht zu kämpfen... und vielleicht auch für unseres.
Die Fröhlichkeit und das Vertrauen unserer Kinder. Die Hoffnung, dass niemand ihnen so wehtun kann, wie es mit uns geschah.
Das Gesicht der Menschen, die es ertragen konnten, uns ganz zu sehen, und die uns mit ihrem Schmerz eine Ahnung geben von der Wirklichkeit dessen, was uns widerfuhr.
Die Kraft derer, denen wir nicht egal sind.
Das Lachen... vor allem über uns und unsere Situation. Weil es den Wahnsinn manchmal für einen Moment erträglich macht.
Die leise Hoffnung, Hiob irgendwann nicht nur in den ersten vierzig Kapiteln zu verstehen.
Mrs. Liberty
Die Kameras herumdrehen
Die Kameras herumdrehen
Was wenn das gelänge
Wir tun es einfach
Weg von dem, was uns erniedrigt
Weg von dem, was in uns eindringt
Weg von dem, was uns besudelt
Weg von dem, was uns vor Schmerz und Übelkeit und Ohnmacht zittern lässt
Weg von dem zermarterten Häufchen Elend in Kindergestalt
Weg von unserem Körper
Weg von unserem Gesicht
Weg von unseren Händen
Weg von dem Zerreißen, Verbluten, Ersticken, Verbrennen, Erfrieren, Verdursten
Weg von den Ketten, den Gurten, den Stricken
Weg von der Angst, dem starren Blick
Weg von den Augen und Schreien derer, die wir zu zerquälen verdammt waren
Weg von der kopfzerhämmernden Schuld, die gefühlt für immer die unsere sein soll
Weg von den ertränkenden Tränen, die oft unsichtbar bleiben
Weg von dem Fürimmerverschwindenwollen
Weg von der elementaren Sehnsucht zu sterben
Weg von der elementaren Panik, genau das zu tun.
Einfach herumdrehen die Kameras.
Ha!
Auf die Fratzen der Folterknechte.
Denen das böse Lachen plötzlich gefriert.
Die sich entlarvt sehen.
Beim Blick in die kalte schwarze Linse.
Bis hinein in ihr sadistisches Hirn.
Reicht sie.
Legt alles offen.
Millionen Blicke werden sich auf sie richten.
Sie werden viel erklären müssen.
Dürfte schwierig werden.
Ihre Lügen zerplatzen.
Wie im Nichts.
Losgebunden.
Der Hölle entkommen.
Sanft und warm eingewickelt.
Die Wunden sauber und gut versorgt.
Den Kopf abgelegt auf einem weichen Kissen.
Die Hand eines tröstenden, nie verlassenden Wesens in Griffweite.
Die vielen Puzzlesteine der Seele dürfen ganz behutsam ihren Platz einnehmen.
Die Erinnerung an das Verlorene, die darf das auch.
Es war.
Keiner kann das je mehr leugnen.
Aber jetzt wird es nie wieder geschehen.
Mrs. Liberty
Ich habe tausend Fragen
Ich habe tausend Fragen
Tausendundeine
Die ich dir stellen würde
Wenn ich nur dürfte
Ich habe tausend Fragen
Tausendundeine
Die viel zu seltsam klingen
In deinen Ohren
So seltsam ähnlich gleich
Und tausendmal schon
Von dir beanwortet
Tausend ohne einmal
Dass sie dir klingen müssen
Wie falsche Fragen
Was sie nicht sind
Und niemals waren
Glaubst du mir wirklich?
Glaubst du mir ganz bestimmt
Dass dies kein Märchen ist
Kein Trick und keine Lüge?
Hörst du mich immer noch?
Magst du mich immer noch
Auch wenn ich immer noch
Nicht klüger bin?
Auch wenn ich schrecklich bin?
Ich weiß es doch
Gerade wieder weiß ich es
Schrecklich genau
Hältst du das Schrecklich aus?
Wenn nicht, verschwinde ich
Pass bitte auf dich auf
Denn du bist wichtig
Gehst du nicht weg? Wirst du
Nicht sagen dass es reicht?
Es reicht doch längst
Warum bleibst du geduldig?
Bist du das wirklich noch?
Wie lange bist du‘s noch?
Verstehst du meine Frage?
Du bist so seltsam anders.
Es tut mir leid
Es tut mir schrecklich leid
Du bist so kostbar
Es gibt dich nirgends wieder
Die Welt ist neu mit dir
Sie wird mit dir betretbar
Dein weit entferntes Warm
Es macht sie überlebbar
Mrs. Liberty
Entkommen
Begraben
Unter kaltem Stein
Jahrzehnte
Immer neu erzittert
Belagert
Von gefälschter Schuld
Im Herzen
Das schon längst zersplittert
Beschossen
Sätze voller Gift
Die einsam
Zu Geschwüren quollen
Belogen
Jeder Fluch klingt wahr
Wenn Schmerzen
Atem überrollen
Verraten
Keiner hat geschützt
Wo Monster
das Verderben tanzten
Verlassen
Fern von jedem Trost
Im Boden
Unter schwarzen Massen
Verstoßen
Jenseits allen Lichts
Und Hoffens
Was für fremdes Reden!
Verloren
In der Dunkelheit
Dem Tod längst
Näher als dem Leben
Gefunden
Irgendwo im Nichts
Verwirrung
Alles scheint zu trügen
Geschildert
Ohne dass das geht
Weil Worte
Dazu nie genügen
Gerettet
Stein wird zu Papier
Zu Asche
Die Gehässigkeiten
Geborgen
Darf das wirklich sein?
Darf Freiheit
Uns dem Grab entreißen?
Entkommen
Einer schwarzen Wand
Die düster
Menschsein überrannte
Entwurzelt
Weil selbst Leid sich schlug
Und zu den
Peinigern bekannte
Entsagen
Einer bösen Welt
Wie oft schon
Pures Überleben
Entwickeln
Langsam ein Gefühl
Für etwas
Das es nie gegeben.
Mrs. Liberty